Aus der Not wächst neue Hoffnung

Mit ihren Schulen, Krankenhäusern und vielen anderen Selbsthilfe-Projekten sind die Salvatorianerinnen weltweit eng und dauerhaft mit den Menschen in ihrer Umgebung verbunden. Und wenn angesichts von Kriegen oder Naturkatastrophen akute Not herrscht, zögern die Schwestern keine Sekunde und weiten ihr Engagement aus.

So auch vor gut einem Jahr. Nach dem verheerenden Erdbeben in der Türkei und Nordsyrien haben die Salvatorianerinnen im Heiligen Land sofort ihre Verbindungen genutzt, um schnell Hilfe zu den Menschen zu bringen, die abseits der internationalen Aufmerksamkeit vor den Trümmern ihrer Häuser und ihres Lebens standen. Eine Hilfe mit großem Erfolg, wie Schwester Klara von der Salvatorschule in Nazareth heute berichtet. Seit einem Jahr steht sie in regelmäßigem Kontakt mit Abuna Nazih und seinem Mitbruder Abuna Carlos von den Paulisten, einer Ordensgemeinschaft der griechisch-katholischen Kirche, die in vielen Gemeinden im Libanon und in Syrien aktiv ist. Abuna ist das arabische Wort für Pater. Nach dem Erdbeben stellten sich die Pfarreien in Nordsyrien in den Dienst der Nothilfe.

Angesichts der Zerstörung ganzer Dörfer in den Bergregionen zogen die Familien in südlichere Städte und in die Küstenregion. Abuna Carlos pendelt bis heute monatlich zwischen seiner Gemeinschaft im Libanon und den Gemeinden in Syrien. Dort trifft er sich mit seinen Mitbrüdern und den vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, die sich in verschiedenen Initiativen und Orten um die von Krieg und Erdbeben betroffenen Kinder und Familien kümmern: in Aleppo, Lattakia und Marmarita und weiteren Dörfern in der Umgebung.

Suppenküche als erste Hilfsmaßnahme

In der ersten Phase der Hilfe stand die Versorgung mit Wohnungen und Essen im Mittelpunkt. Die Gruppe „Glaube und Hoffnung“ gründete sich und richtete eine offene Küche ein, die anfangs bis zu 500 Mahlzeiten täglich ausgab. In kleine Kisten verpackt brachten die Mitglieder auch Lebensmittel per Karren oder Mopeds zu den Notleidenden. „Heute geben wir nur noch rund 100 Mahlzeiten pro Tag aus, weil sich immer mehr Familien wieder selbst versorgen können“, erklärt Abuna Carlos. Denn darauf ist die Hilfe ausgerichtet: Möglichst schnell soll aus eigener Kraft der Alltag wieder zu meistern sein.

Ein neues Zuhause finden

Ein wichtiger Baustein dafür sind Wohnungen und Häuser. Erzbischof Khawam öffnete direkt nach dem Erdbeben Kirchen, Pfarrsäle und Schulen, um diejenigen aufzunehmen, die ihre Häuser verloren hatten. Doch von Anfang an war klar, dass dies keine dauerhafte Lösung sein würde. Darum hat Abuna Carlos Planer und Handwerker aus der Region zusammengebracht. Sie suchten nach nicht genutzten, zugleich aber bewohnbaren Häusern in Lattakia, die für wenig Geld instandgesetzt werden konnten. 20 Familien haben auf diese Weise ein neues Zuhause gefunden. Die Reparatur pro Haus kostete weniger als 500 Euro. Durch die Anmietung von Wohnungen und Häuser fanden 40 weitere Familien eine Unterkunft. Abuna Carlos und Abuna Nazih sind den Salvatorianerinnen und ihren Unterstützern sehr dankbar. „Schwester Klara und die Schulgemeinschaft der Salvatorschule in Nazareth waren sofort zur Stelle nach dem Erdbeben. Sie haben Aktionen initiiert, aber auch Brücken gebaut zu Spenderinnen und Spendern, die uns helfen.“

Nach einem Jahr konzentriert sich die Hilfe nun auf den Neuanfang. Neben den materiellen Schäden durch das Erdbeben sind Trauer, Angst und seelische Nöte immer sichtbarer geworden, insbesondere bei den Kindern, die nicht nur ihr Zuhause verloren haben, sondern ebenso Eltern oder andere Familienmitglieder, Freunde und Nachbarn. Angesichts des Bürgerkriegs und des Erdbebens haben viele Kinder und auch Erwachsene mehr Leid erfahren, als sie ertragen können. Sie sind traumatisiert und entmutigt. „Ihnen gilt jetzt besonders unsere Aufmerksamkeit“, kündigt Schwester Klara aus Nazareth an.

Mit Sorgen und Nöten nicht allein gelassen

Gemeinsam mit Abuna Carlos werden die Salvatorianerinnen in den nächsten Monaten die Kinder- und Jugendseelsorge intensivieren. Ein wichtiger Bestandteil wird die außerschulische Betreuung von zunächst

150 Kindern und Jugendlichen sein, die Opfer des Erdbebens waren und lange in Notunterkünften lebten. Speziell ausgebildete Pädagogen werden sie in ihrer nicht einfachen Situation unterstützen. An drei Nachmittagen sollen Lerndefizite aufgeholt werden, an den anderen Tagen steht die gemeinsame Freizeitgestaltung mit Sozialpädagogen, Musiktherapeuten und Freiwilligen aus den Pfarrgemeinden auf dem Programm. Geplant ist auch ein Sommer-Camp für 500 Kinder, Jugendliche und Familien. Abuna Carlos ist weiter voller Energie, weil er täglich sieht, wie die Arbeit Früchte trägt.

Hilfsangebote gibt es auch für ältere Menschen, die alleine leben. Denn auch für sie ist es schwer, einen neuen Alltag aufzubauen. In der arabischen Kultur spielt der Familienverbund eine große Rolle. Doch junge Menschen verlassen immer häufiger schweren Herzens ihre Heimat und damit auch ihre Eltern. Sie versuchen im Ausland unter stabilen Bedingungen ihre Zukunft selbstbestimmter und freier zu gestalten als im diktatorischen Syrien. Für ihre Eltern ist es nach dem Erdbeben, das ihre Dörfer zerstört hat, nun doppelt schwer, einen Neuanfang zu schaffen. Sie zu besuchen, ihnen zuzuhören, für sie einzukaufen oder im Haushalt zu helfen, ist die Aufgabe einer Gruppe von 20 jungen Frauen. „Sie nehmen sich Zeit für Gespräche und sind zu einer wichtigen Stütze für alleinstehende Menschen geworden“, berichtet Abuna Nazih.

Kraft des Glaubens spüren

All das geschieht, während die Arbeit der Salvatorianerinnen in der Salvatorschule in Nazareth, im Altenheim und in der Pflegeschule in Beit Emmaus sowie in der Begleitung von Migrantinnen in Jordanien weitergeht. „Die Liebe und das Heil Gottes kennt keine Grenze. Es ist ein großes Geschenk, dass wir aus dem Glauben täglich neu Kraft schöpfen und weitergeben dürfen“, sagt Schwester Suneela, Regionaloberin für das Heilige Land.

Inmitten von Naturkatastrophen, Nöten und Krisen bleiben die Salvatorianerinnen unbeirrt an der Seite der Menschen, mit einem wachen Blick, einem hörenden Herzen und konkreter Hilfe. Ihr Gottvertrauen und das Vertrauen der Menschen geben ihnen die Kraft, neue Perspektiven zu schaffen. Ihre Arbeit zeigt, wie inmitten zerstörter Lebensgrundlagen und Hoffnungen neue Perspektiven entstehen. Wenn Menschen nicht allein sind, gelingen in persönlichen Nöten und Krisen neue Aufbrüche.

Das Erlebte verarbeiten

Vor einem Jahr wurde mit Hilfe der Salvatorainerinnen ein Psychotherapie-Team ins Leben gerufen, das betroffene Personen besucht und ihnen professionelle Unterstützung bietet, um das Erlebte zu verarbeiten. Das Team besteht aus einem Arzt, zwei Sozialarbeiterinnen, einer Psychotherapeutin und einem Fahrer.

Perspektiven wachsen

Gemeinsam mit unseren Partnerinnen und Partnern passen wir die Hilfe für die Not leidenden Menschen in Nordyrien immer wieder an.

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Dieser Bericht ist unserem Rundbrief entnommen. Hier zum Download

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