Zusammen stark
In den 1990er Jahren waren viele Familien in den Dörfern des Distriktes Kurunegala im Landesinneren Sri Lankas hoch verschuldet. Jede Familie für sich konnte die Probleme nicht lösen. Dann probierten sie es gemeinsam – mit Unterstützung der Salvatorianerinnen. Werkstätten für Frauen entstanden. Das Besondere: Die Werkstätten sind gleichzeitig Mikrofinanzzentren.
Das Dilemma der Frauen
„Die Situation der Frauen in den Dörfern war sehr schwierig“, erzählt Sr. Benedict Fernandopulle, die die Werkstätten damals mitinitiierte. „Das Einkommen der Männer reichte oft nicht, um die Familie zu ernähren. Also sollten auch die Frauen Geld verdienen, zum Beispiel in den Textilfabriken in der Stadt. Aber wer hätte sich dann um die alten Eltern und die Kinder gekümmert? Ein wahres Dilemma.“
Im Jahr 1996 brachten Sr. Benedict und ihr Team die Frauen, zunächst aus einem Dorf, zusammen. Ihr Ziel: Die Frauen sollten nahe ihrem Zuhause ein Einkommen erzielen und sich dabei gegenseitig unterstützen, um gemeinsam mehr für jede einzelne zu erreichen.
Ressourcen gewinnbringend nutzen
Mitten im Dorf entstand eine Werkstatt, in der seitdem Schilfgras zu Körben geflochten wird. Die Frauen bringen ihre Arbeitskraft ein, das Arbeitsmaterial wiederum wächst zahlreich rund um die Dörfer. Da die Frauen zusammenarbeiten, können sie große Mengen an Körben herstellen und machen sich damit interessant für Großhändler. Mit diesen verhandeln sie mittlerweile selbstständig – und mit Erfolg.
Verantwortung für sich selbst und andere
Mittlerweile sind in fünf Dörfern Werkstätten aufgebaut worden, die letzte im Jahr 2015. Die Frauen diskutieren dort auch die Probleme im Dorf und geben einander Rat bei Konflikten. „Sie wachsen an diesen gemeinsam bewältigten Aufgaben“, weiß Sr. Benedict. Der Zusammenhalt unter den Frauen hat noch etwas ermöglicht: Die Vergabe von Kleinst- oder Mikrokrediten. Jede Werkstatt bildet einen „Solidaritätszirkel“, aus dem heraus jede Frau einen Kredit beantragen kann. Verantwortlich für die Rückzahlung ist sie selbst. Kann sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen, kann die gesamte Gruppe von neuen Krediten ausgeschlossen werden. „Die Frauen beraten daher gemeinsam darüber, wie hoch der jeweilige Kredit sein sollte“, erklärt Sr. Benedict. „In manchen Gruppen können dies bis zu umgerechnet 275,- Euro sein. Die eigens gegründete Bank verwalten die Frauen übrigens selbst.“
Mikrokredite ermöglichen Entwicklung
Fast alle der etwa 100 Frauen in den Werkstätten haben bereits einen Mikrokredit beantragt und erhalten. Sie zahlen damit Schulden zurück und investieren in ihre Arbeit und in ihre Familie. Viele ihrer Kinder besuchen mittlerweile die Schule oder die Universität – vor 20 Jahren war dies noch undenkbar. „Die Denkweise der Frauen hat sich völlig verändert“, sagt Sr. Benedict. „Sie denken in größeren Zusammenhängen, ihre finanzielle Situation hat sich grundlegend verbessert, ihre Männer sind stolz auf sie. Und ihre Kinder können hoffnungsvoll in die Zukunft schauen.“